ILS2025

Digital Empowerment & Geopolitik – Europas Zukunft in einer vernetzten Welt | Wolfgang Schwarzbauer | EcoAustria

Globale Risiken, technologische Abhängigkeiten und geopolitische Spannungen verändern die Spielregeln der Wirtschaft. Beim Main Event des Internationalen Logistiksommers (ILS), das am 17. und 18. September 2025 in Leoben stattfand, analysierte Wolfgang Schwarzbauer vom Wirtschaftsforschungsinstitut EcoAustria, wie Europa durch gezielte Digitalisierung und „Digital Empowerment“ seine Wettbewerbsfähigkeit sichern kann.

Seine Botschaft ist klar: Ohne digitale Resilienz, koordinierte Innovationspolitik und mutige Entscheidungen verliert Europa seine Rolle als Industrie- und Technologiestandort.

Globalisierung neu denken – von der Abhängigkeit zur Resilienz

Die Globalisierung war lange Zeit Wachstumstreiber: Produktion in Asien, Absatz im Westen. Doch die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass Komplexität auch Verletzlichkeit bedeutet. Pandemie, Energiekrise und blockierte Lieferketten haben die Abhängigkeiten offengelegt, die Europas Wohlstand gefährden.

Für Schwarzbauer ist klar: Europa muss Globalisierung neu denken – nicht als Rückzug, sondern als strategische Neuordnung. Digitale Transparenz, stabile Lieferketten und verlässliche Datenflüsse werden zu den zentralen Pfeilern wirtschaftlicher Resilienz. Digital Empowerment steht dabei für die Fähigkeit, Daten intelligent zu nutzen und Prozesse digital zu steuern, um handlungsfähig zu bleiben – auch in Krisenzeiten.

Wolfgang Schwarzbauer © ILS2025

Standort Europa zwischen Innovation und Trägheit

Hohe Energiekosten, regulatorische Komplexität und Innovationslücken setzen die europäische Industrie zunehmend unter Druck. „Europa nutzt seine Ressourcen ineffizient. Das macht uns global nicht konkurrenzfähig“, so Schwarzbauer.

Der Forschungsleiter von EcoAustria sieht insbesondere die digitale Transformation als entscheidenden Hebel, um Wettbewerbsfähigkeit zurückzugewinnen. Digitalisierung dürfe kein Projekt sein, das man irgendwann beginnt – sie sei längst Voraussetzung für wirtschaftliche Souveränität und Innovationskraft.

Gerade im europäischen Kontext müsse Politik Tempo machen, um die strukturelle Trägheit zu überwinden und Investitionen zu fördern, die langfristig Wirkung zeigen.

Digitale Resilienz – der Schlüssel zu Unabhängigkeit

Resilienz ist weit mehr als technologische Absicherung. Sie entsteht, wenn Unternehmen Datenflüsse verstehen, Prozesse vernetzen und Wissen teilen können. Noch zu oft dominieren analoge Routinen den Arbeitsalltag: Excel-Listen, E-Mails und PDFs.

Digital Empowerment bedeutet, Mitarbeiter:innen zu befähigen, digitale Tools sinnvoll einzusetzen, Entscheidungen datenbasiert zu treffen und Verantwortung in vernetzten Strukturen zu übernehmen. Digitalisierung ist nicht nur eine Frage der Infrastruktur – sie ist eine Frage der Haltung.

Wolfgang Schwarzbauer © ILS2025

Innovation als geopolitische Strategie

In einer Welt zunehmender Machtverschiebungen ist Technologiepolitik längst Geopolitik. Während die USA und China Milliarden in Schlüsseltechnologien wie Künstliche Intelligenz, Halbleiter oder grüne Industrie investieren, fragmentiert Europa in nationale Einzelinitiativen.

Schwarzbauer verweist auf den Draghi-Bericht, der Europas Innovationslücken schonungslos offenlegt. Nur durch gebündelte Forschung, verlässliche Förderstrukturen und einheitliche Rahmenbedingungen kann Europa technologisch unabhängig bleiben und seine Rolle als globaler Innovationsraum behaupten.

Der Mensch im Zentrum – Kompetenz statt Komplexität

Digital Empowerment beginnt nicht bei der Technologie, sondern beim Menschen. Fachkräfte zu gewinnen, zu halten und weiterzuentwickeln, ist für Schwarzbauer zentral. Ohne gezielte Qualifizierung und Weiterbildung bleibt jede digitale Strategie unvollständig.

Europa braucht Rahmenbedingungen, die Talente fördern und Unternehmen ermöglichen, kreative, kompetente Teams aufzubauen. Digitale Kompetenz wird damit zu einem zentralen Standortfaktor – ebenso wichtig wie Energie oder Kapital.

Fazit – Jetzt handeln, nicht später

Europa steht an einem Wendepunkt. Digital Empowerment ist keine Vision, sondern Überlebensstrategie. Digitalisierung beschleunigen, Innovation fördern, geopolitische Risiken aktiv managen und Menschen befähigen – das sind die Kernaufgaben einer zukunftsfähigen Standortpolitik.

Oder wie Schwarzbauer es formuliert:

„Besser man entscheidet etwas und riskiert Kritik, als nichts zu tun und andere entscheiden zu lassen.“

Discover more about ILS2025

🔗 Recap ILS2025
📊 Quelle: Impuls von Wolfgang Schwarzbauer, EcoAustria, beim ILS2025 in Leoben

Wer ist Wolfgang Schwarzbauer & EcoAustria?

  • Wolfgang Schwarzbauer ist promovierter Volkswirt und leitet bei EcoAustria den Forschungsbereich „Regionale Wirtschaftspolitik & Außenwirtschaft“. 
  • Er war zuvor wissenschaftlicher Mitarbeiter und später Leiter der ökonomischen Abteilung am Institut für Höhere Studien (IHS), und arbeitete bei der Oesterreichischen Kontrollbank (OeKB). Hier lesen
  • Forschungsschwerpunkte: internationale Wirtschaft, Regionalökonomie, Technologie‑ und Wettbewerbspolitik. Hier lesen
  • EcoAustria ist ein unabhängiges Wirtschaftsforschungsinstitut mit Sitz in Wien, gegründet 2011/2012, das evidenzbasierte Analysen für Politik und Wirtschaft erstellt. 

Veröffentlicht am 7. Oktober 2025von
Milica Knezevic Kusterer

More Articles